Digitaler Zwilling Hamburg

3DProjektplaner: Mit Open Source zur Stadtplanung in 3D

Lesedauer4 min

Die Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) hat in Kooperation mit Dataport den „3DProjektplaner“ entwickelt. Die neue, digitale 3D-Webanwendung vereinfacht Planungsprozesse und bietet Planer*innen in der Verwaltung die Möglichkeit, Bauvorhaben digital in einem 3D-Stadtmodell abzubilden. Wir haben mit Helen Winter von der BSW Hamburg über den 3DProjektplaner gesprochen.

Frau Winter, die Stadt Hamburg hat jetzt ein 3D-Stadtmodell, mit dem unter anderem die Stadt- und Verkehrsplanung vorangebracht und anstehende Projekte für Bürger*innen vorstellbarer gemacht werden können. So kann zum Beispiel beurteilt werden, wie sich Gebäudeentwürfe eines Planungswettbewerbs in das Stadtbild einfügen und wie der Schattenwurf je nach Sonnenstand und Tageszeit verläuft. Warum war die Erstellung des 3D-Stadmodells und die damit verbundene Entwicklung des 3DProjektplaners für die Arbeit der BSW essenziell?

In vielen Verwaltungen werden digitale Werkzeuge oft nur von wenigen Kolleg*innen genutzt, weil die Lizenzen für Fachprogramme sehr teuer sind oder spezielle, leistungsstarke Rechner benötigt werden. Dies erschwert eine umfassende Digitalisierung der Arbeitsprozesse erheblich. Um dieses Problem zu lösen, entwickeln wir in Hamburg mit dem Urbanen digitalen Zwilling digitale Werkzeuge. Diese basieren auf der vorhandenen Infrastruktur und können unabhängig von teuren Lizenzen und spezieller Hardware genutzt werden.
Ein Beispiel hierfür ist der 3DProjektplaner,der allen Beschäftigten in der Freien und Hansestadt Hamburg über den Webbrowser zur Verfügung steht. Bisher gab es in unserer Verwaltung keine Möglichkeit, am eigenen Arbeitsplatz den 3D-Entwurf eines geplanten Gebäudes in das 3D-Stadtmodell zu importieren und zu visualisieren. Mit dem 3DProjektplaner können alle Kolleg*innen leichter und besser abschätzen, welche Wechselwirkungen Neubauvorhaben auf die direkte Nachbarschaft haben. Zusätzlich können wir durch die Einbindung weiterer Geodaten direkt analysieren, wie sich geplante Bauvorhaben auf Sichtbeziehungen in der Stadt auswirken und ob sie den gültigen Bau- und Planungsrechten entsprechen. Insgesamt tragen diese Maßnahmen dazu bei, die Effizienz und Effektivität unserer Verwaltungsarbeit erheblich zu steigern und fundiertere Entscheidungen zu treffen.

„Mit dem 3DProjektplaner können 3D-Enwürfe geplanter Gebäude schnell und unkompliziert in das 3D-Stadtmodell importieren visualisiert werden.“

Ist der 3DProjektplaner in der BSW bereits für Planungsprojekte zum Einsatz gekommen?

Der 3DProjektplaner wird gerade von Kolleg*innen aus dem Amt für Landesplanung und Stadtentwicklung in mehreren Szenarien erprobt. Bisher werden vor allem interne Arbeitsprozesse unterstützt. Eine Kollegin plant zum Beispiel die Errichtung einer öffentlichen Toilette an einer zentralen Stelle in Hamburg. Sie hat dafür das 3D-Modell dieser Anlage in das 3D-Stadtmodell importiert und an der gewünschten Stelle platziert. Über die Funktion „Sichtperspektive“ kann sie sich digital und an ihrem PC in die Perspektive einer Fußgängerin begeben und ein Gefühl dafür bekommen, wie diese Planung im Raum wirkt.

Der 3DProjektplaner ist eine Webanwendung, die auf dem Open-Source-Tool Masterportal basiert. Die von der BSW Hamburg und Dataport entwickelten 3D-Funktionen stehen über das Masterportal für die Öffentlichkeit zur Verfügung. Wie sind die Reaktionen der Nutzer*innen?

Unsere Partnerstädte München und Leipzig aus dem Projekt „Connected Urban Twins“ und weitere Kommunen, die ebenfalls in der Förderkulisse Modellprojekte Smart Cities (MPSC) sind, geben uns viel positives Feedback und sind begeistert, dass nun auch das Arbeiten mit 3D im Masterportal möglich ist. Einige Kommunen, die bereits das Masterportal nutzen, sind gerade dabei, die 3D-Funktionen in ihre Systeme zu implementieren.

„Wir bekommen viel positives Feedback für die Möglichkeit mit 3D im Masterportal zu arbeiten.“

Gibt es Pläne, den 3DProjektplaner um neue Funktionen zu erweitern?

Eine weitere Ausbaustufe befindet sich aktuell in den letzten Zügen. Wir überarbeiten zum Beispiel gerade das Aussehen des 3DProjektplaners und die Bedienbarkeit. Eine neue Funktion ist die Erweiterung des Zeichnen-Modus: Standardformen wie Würfel können nun mit nur einem Klick gezeichnet und im 3D-Stadtmodell platziert werden. Aufgrund der hohen Nachfrage unserer Kolleg*innen haben wir zudem eine Anzeige für die Bemaßung der gezeichneten Objekte integriert. Dies ermöglicht es, relevante planerische Kennziffern direkt abzuleiten.
Perspektivisch wollen wir unsere Anwendung auch für Planungs- und Architekturbüros öffnen und ihnen ermöglichen, ihre 3D-Entwürfe direkt in den 3DProjektplaner zu laden und anschließend an die Verwaltung zu schicken. Wir denken auch über eine Simulationskomponente im 3DProjektplaner nach, die es beispielsweise ermöglicht, den Verkehrslärm in einem neuen Quartier am eigenen Rechner zu analysieren.

„Langfristig sollen Planungs- und Architekturbüros die Möglicheit haben ihre 3D-Entwürfe direkt in den 3DProjektplaner zu laden und an die Verwaltung zu schicken.“

Gefördert wurde der 3DProjektplaner durch das Projekt Connected Urban Twins (CUT).

Helen Winter

studierte Wirtschaftsgeographie an der RWTH Aachen mit den Schwerpunkten Stadtentwicklung und Verkehr sowie Innovation und Digitalisierung. Besonders spannend findet sie, innovative Ideen und Lösungen für eine nachhaltige Entwicklung in Städten einzusetzen und so lebenswerte Städte für alle zu schaffen.
Seit 2021 ist sie bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen (BSW) Hamburg für die Stadtwerkstatt tätig und steuert zurzeit die Maßnahme zur innovativen Stadtentwicklung im Projekt „Connected Urban Twins".

Damit das Masterportal mit dem 3DProjektplaner produktiv eingesetzt werden kann, sind einige technische Voraussetzungen notwendig: Es wird ein Webserver benötigt, auf dem die Masterportal-Instanz bereitgestellt wird. Für diese Instanz müssen Geodaten zur Verfügung stehen, die auf 3D-Daten ausgelegt sind, wie zum Beispiel 3D-Stadtmodelle. Über die Konfigurationsmöglichkeiten des Masterportals kann diese Instanz dann mit dem entsprechenden Tool „3D Modeller“ und den Geodaten ausgestattet werden. Interessierte Behörden können sich an Dr. Nicholas Schliffke (nicholas.schliffke[at]dataport.de) wenden, um maßgeschneiderte Lösungen für ihre Anforderungen in diesem Bereich zu erhalten.

Weitere Infos zum Masterportal

Online-Redaktion